Menschen mit Behinderung darf aufgrund ihrer Einschränkungen kein Nachteil entstehen. Dementsprechend müssen auch Behörden dafür sorgen, dass beeinträchtigte Personen uneingeschränkten Zugang zu deren Services erhalten – vor allem, wenn sie darauf angewiesen sind. Das Sozialgericht (SG) Hamburg musste einem Jobcenter hierbei einmal auf die Sprünge helfen.
Barrierefreie E-Mails als Streitthema
Ein blinder Bürgergeld-Empfänger hatte es in der Vergangenheit nicht leicht, an den Inhalt von Mitteilungen des Jobcenters zu kommen. Zwar hatte er eine Vorlesekraft, die ihn bei der Sichtung seiner Post – insbesondere Jobcenter-Bescheide – unterstützen sollte. Doch erschien diese nur sehr unregelmäßig bei dem gehandicapten Mann.
Aus diesen Gründen bat der Bürgergeld-Empfänger das Jobcenter des Öfteren darum, ihm die Bescheide sowie sonstige Post per E-Mail zukommen zu lassen. Das schlug seine Bitte mit Verweis auf den Datenschutz jedoch aus.
Datenschutz vs. Gleichbehandlung: Was wiegt schwerer?
Klar: Die Behörde könne zwar den Wunsch des Mannes auf Barrierefreiheit nachvollziehen, hieß es in der Antwort. Die technischen und rechtlichen Hürden seien jedoch zu hoch, um zum E-Mail-Versand überzugehen. Heißt: Das Jobcenter hegte datenschutzrechtliche Bedenken.
Hinweis: Behindertengleichstellungsgesetz (BGG)
Das BGG regelt die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung im Bereich des öffentlichen Rechts. So sind in erster Linie Behörden, Körperschaften und Bundesanstalten an das Gesetz gebunden und müssen ihr Möglichstes für den Abbau von Barrieren tun.
Diese begründete die Behörde vor allem mit dem Fehlen einer verschlüsselten E-Mail-Adresse samt Sicherheitszertifikat auf Empfängerseite. Das konnte und wollte der Mann nicht hinnehmen und klagte vor dem Sozialgericht. Er argumentierte, dass das Einrichten einer verschlüsselten E-Mail-Adresse zum einen nicht nur technisches Know-how erfordere, das von normalen Bürgern nicht erwartet werden könne. Zum anderen könne er auch mit anderen Behörden problemlos über unverschlüsselte E-Mails kommunizieren.
SG auf Seite des Bürgergeld-Empfängers
Das Sozialgericht gab dem gehandicapten Bürgergeld-Empfänger recht und gestand ihm den barrierefreien Zugang zu seiner Post zu – räumte dem Jobcenter in Ausnahmefällen aber auch die Befugnis ein, zu widersprechen. Wann allerdings ein unverschlüsselter E-Mail-Verkehr als ungeeignet anzusehen ist, müsse im Vorfeld sorgfältig abgewogen werden, so die Richter:innen.
Folgende Faktoren seien zu berücksichtigen:
- technische Möglichkeiten
- Kosten
- drohender Schaden für die bzw. den Betroffenen
Klar sei jedoch, dass der Schaden im vorliegenden Fall in Form eines Benachteiligungsverbotes überwiege. Das Teilhaberecht des Klägers sei eindeutig über den Datenschutz zu stellen.
Darüber hinaus habe der Mann der Verarbeitung seiner Daten durch das Jobcenter bereits zugestimmt. Die Datenschutzvorgaben dienten dabei der Sicherstellung, dass kein unbefugter Dritter in den Besitz der Daten gelange. Hier ginge es aber ausschließlich um die Kommunikation zwischen dem Jobcenter und dem Bürgergeld-Empfänger. Daher sei es unnötig, die eigenen Daten vor ihm zu verschlüsseln.
Fanden Sie diese Seite hilfreich?